Herstellung der künstlichen Wolke

Ikone: Die Wolke

Die Architekten Elizabeth Diller und Richard Scofidio aus New York haben im Auftrag der Expo.02 auf der Arteplage Yverdon-les-Bains eine künstliche begehbare Wolke gebaut. Die für die Wolkenkonstruktion nötigen Zerstäubungseinrichtungen stammen aus der Schweiz.

Die schwebende Wolke dicht über dem Wasserspiegel in Yverdon-les-Bains ist keine Sinnestäuschung: Das dampfende, von weither sichtbare Gebilde besteht aus einer 60.00 x 100.00 x 20.00 Meter grossen Metallkonstruktion mit 31'400 Düsen, aus denen Seewasser gesprüht wird. Ob Regen oder Sonne, die flüchtige Skulptur soll bei jedem Wetter zu sehen sein. Dafür soll die Technik der Firma BIOgenesis aus Villars-sur-Glâne sorgen, die auf die Hochdruck-Zerstäubung spezialisiert ist. Während eines Monats im vergangenen Jahr hatten die Architekten und die verschiedenen technischen Teams Gelegenheit, Tests durchzuführen. Die daraus gewonnenen Resultate werden über einen Computer für die technische sprich Nebelformation der heutigen Wolke gebraucht. 

Der Blur-Effekt

Die Hochdruck-Zerstäubung erfolgt mit Hilfe von Düsen aus Edelstahl. Diese weisen eine winzige Öffnung von lediglich 120 Mikron Durchmesser auf, durch die das Wasser mit einem Druck von 80 bar auf eine feine Nadelspitze gepresst wird, die direkt oberhalb der Öffnung angebracht ist. Dadurch wird das Wasser in unzählige winzig kleine Tröpfchen von 4 bis 10 Mikron Durchmesser zerstäubt. Diese Tröpfchen sind so klein, dass die meisten von ihnen in der Luft hängen bleiben. Wenn man in einem bestimmten Volumen genügend Düsen einsetzt, sättigen sie die Luft mit Feuchtigkeit und erzeugen damit einen Nebeleffekt oder in unserem Fall den so genannten Blur-Effekt.

Die Sättigung der Luft mit Feuchtigkeit, durch die der sichtbare Nebeleffekt erzeugt wird, hängt von verschiedenen physikalischen Umgebungsbedingungen ab. Zu diesen Parametern gehören die Windgeschwindigkeit und die Windrichtung, die Umgebungstemperatur und die Luftfeuchtigkeit.

Die Temperatur

Je höher die Temperatur, desto mehr muss die Luft mit Wasser angereichert werden, um den Sättigungsgrad zu erreichen. 

Die Luftfeuchtigkeit

Wenn die Umgebungsluft beispielsweise bereits einen Feuchtigkeitsgehalt von 75 Prozent aufweist, müssen nur noch die fehlenden 25 Prozent ergänzt werden, um den gewünschten Effekt zu erzielen.

Die Windgeschwindigkeit

Wenn man in einem vorgegebenen Raum einen Nebeleffekt erzeugen will, ist das Volumen dieses Raums die massgebende Ausgangsgrösse für die Sättigung der Luft mit Feuchtigkeit. Bei Windstille entspricht das relevante Volumen der Grösse des Raums. Wenn es jedoch windet, verhält sich das massgebende Volumen proportional zur Luftmasse, die vom Wind durch den vorgegebenen Raum bewegt wird. Es steigt somit mit zunehmender Windgeschwindigkeit an.

Die Windrichtung

Da der Nebel in der Luft schwebt, bewegt er sich mit der Windrichtung. Ausgehend von der Stelle, wo die Zerstäubung des Wassers erfolgt, ist ein weisser Streifen sichtbar. Sobald die Luft nicht mehr mit Feuchtigkeit gesättigt ist, verschwindet dieser weisse Streifen. Bei tiefen Temperaturen in der kalten Jahreszeit und gleichzeitig hoher Luftfeuchtigkeit ist der Streifen praktisch immer sichtbar. Im umgekehrten Fall verschwindet er sozusagen sofort.

Eine Wetterstation verleiht der Wolke Form

Das Wasser, welches zu Nebel verarbeitet werden soll, wird aus dem Neuenburgersee, aus einer Tiefe von 5.00 Metern, 700.00 Meter von der Arteplage Yverdon-les-Bains entfernt, heraufgepumpt. Über Röhren wird es in den Pumpraum transportiert, der unter einer der sieben Hügel der Arteplage liegt. Das Wasser wird gefiltert und gechlort. Dann wird es über 84 Pumpen in die Düsen geschleust.                          

Die technische Herausforderung besteht in der Einrichtung der Wolke in Zusammenhang mit diesen Änderungen der Umgebungsbedingungen und den meteorologischen Parametern, die oben erwähnt sind. Es können auf verschiedenen Ebenen entsprechende Massnahmen getroffen werden: Anordnung der Zerstäubungsanlagen, Anzahl der Düsen, Planung von verschiedenen Zerstäubungsbereichen. Für die Optimierung dieser Massnahmen wird eine computerisierte Wetterstation die erforderlichen Daten zu den relevanten Parametern liefern. Diese werden analysiert und anschliessend für die Anpassung der Zerstäubung an die Umgebungsbedingungen verwendet. Dieser Prozess erfolgt mit Hilfe von Computern.

Autoren/Architektur
Diller & Scofidio, New York, Vereinigte Staaten www.dsrny.com
Elizabeth Diller (Projektverantwortliche)
Ricardo Scofidio (Projektverantwortlicher)
Dirk Hebel (Projektleiter)
Eric Bunge (Projektleiter)
Reto Geiser (Design team)
David Huang (Design team)
Karin Ocker (Design team)
Andreas Quadenau (Design team)
Charles Renfro (Design team)
Lyn Rice (Design team)
Deane Simpson (Design team)

Umsetzung Nebel
BIOgenesis, Villars-sur-Glâne

Beratung Nebel
Thomas Mee
Fujiko Nakaya

Lichtdesign
Delux Theater Lighting (Rolf Derrer), Zürich

Sounddesign
Christian Marclay

Toningenieur
Douglas Irving Repetto

Toninstallateur
Nicolas Dhellin

Audio Consultant
Jens Maasen

Ingenieure Brücken
Tragwerken - Staubli, Kurath & Partner AG (Josef Kurath), Zürich www.tragwerken.ch

Generalunternehmungen
Marti AG, Moosseedorf (Pfähle) www.martiag.ch
HRS Hauser Rutishauser Suter AG (Beat Widmer), Crissier www.hrs.ch

Guides
Chantal Allemand, Ariane Allgöwer, Olivier Amrein, Roman Benninger, Nicole Boegli, Jehanne Carnal, Marie Madeleine Collet, Julia Dias, Patrick Dorsaz, Laure Favre, Simone Frischknecht, Mélita Goufas, Jérôme Grand, Julien Grobet, Nicolas Grosset, Suzanne Haziot, Christian Heiniger, David Joliquin, Anita Lovasz, Elodie Magnin Collet, Guy Metrailler, Nicolas Michel, Patricia Pache, Laure Pasquier, Stéphanie Reymond, André Riggenbach, Sven Nelson Ruffiner, Marie Schaer, Benedikt Schläppi, Eric Schmit, Ursula Schweingruber, Alexandre Seydoux, Mathieu Simonin, Christophe Spitz, Patrick Tacchini, Catherine Vifian, Fabienne Vuilleumier

Fotos: © Michel Jaussi www.jaussi.com